Gedanken zum 6. Sonntag der Osterzeit 17. Mai 2020

 


Bild von Pfarrer Bosco Marschner (Frühling in Marx-Russland)

Liebe Gemeinde,

auch wenn wir uns nicht versammeln können soll doch Gott unser Lobpreis gelten. Untereinander und mit ihm sind wir im Gebet verbunden. Und sicher auch im Dank für alles Gute, das er uns tut.

In dieser Woche sind bis zum Fest Christi Himmelfahrt die Bitttage; und ich denke, neben gutem Wetter und ausreichender Ernte gibt es noch viele andere Anliegen, die wir im Gebet vor Gott tragen können, nicht zuletzt die Bitte um seinen Heiligen Geist.

 

Am Sonntag feiert unser Pfarrer wieder für die Gemeinde die hl. Messe um 10.00 Uhr. Auch die Kirche ist in der Regel zum stillen, persönlichen Gebet geöffnet.

 

Gebet

Guter Gott, sieh auf uns als deine Gemeinde, die in dieser Zeit die Auferstehung deines Sohnes feiert. Gib, dass das Ostergeheimnis unser ganzes Leben prägt und dass wir auch unter der gegenwärtigen Situation mit ihm und untereinander verbunden bleiben im Heiligen Geist. Amen

 

Evangelium vom 6. Ostersonntag

Joh 14, 15-21

 

ln jener Zeit sprach Jesus zu seinen Jüngern:

Wenn ihr mich liebt, werdet ihr meine Gebote halten. Und ich werde den Vater bitten, und er wird euch einen anderen Beistand geben, der für immer bei euch bleiben soll. Es ist der Geist der Wahrheit, den die Welt nicht empfangen kann, weil sie ihn nicht sieht und nicht kennt.

Ihr aber kennt ihn, weil er bei euch bleibt und in euch sein wird. Ich werde euch nicht als Waisen zurücklassen, sondern ich komme wieder zu euch. Nur noch kurze Zeit, und die Welt sieht mich nicht mehr; ihr aber seht mich, weil ich lebe und weil auch ihr leben werdet.

An jenem Tag werdet ihr erkennen: Ich bin in meinem Vater, ihr seid in mir, und ich bin in euch. Wer meine Gebote hat und sie hält, der ist es, der mich liebt; wer mich aber liebt, wird von meinem Vater geliebt werden, und ch ich werde ihn lieben und mich ihm offenbaren. 

Evangelium unseres Herrn Jesus Christus

Predigt (Joh 14 ,15-21)

Liebe und Gebote

Botschaft für Nachkömmlínge

Dieses Evangelium ist den sog. Abschiedsreden Jesu entnommen. Das ist eine in der Heiligen Schrift geläufige Redeform, in der die zentrale Botschaft eines Menschen für die gegenwärtigen und zukünftigen Adressaten zusammengefasst ist. Jesu Rede in diesem Evangelium kreist um fünf „Mitspieler“ im Weltgeschehen: um Jesus selbst, um den Vater, den Geist, die Jünger und die Welt: Von sich selbst sagt Jesus, dass er schon bald diese Welt verlässt, aber wiederkommt. Dann wird sich zeigen, dass die Gemeinschaft zwischen ihm, dem Vater und den Jüngern unzertrennlich ist. - Vom Vater heißt es, dass er die Bitten des Sohnes erhören wird, dass er den Jüngern einen Beistand schicken wird ımd dass er die liebt, die Jesus lieben. - Den Heiligen Geist beschreibt Jesus als jenen, der die Lücke ausfüllen wird, die Jesus hinterlässt. Er wird sich als der Geist der Wahrheit erweisen, als die innere Kraft, die die Jünger spüren können. -

Ganz präzise umschreibt Jesus, wer ein Jünger ist: einer, der Jesus liebt und seine Gebote hält. Solche Jünger werden nicht verwaist zurückgelassen. - Schließlich ist auch  die Rede von der „Welt“: Ihr fehlt völlig das Gespür für Jesus und den Geist. Sie kann nichts erkennen und begreifen von dem, was sich zwischen Jesus, dem Vater, den Jüngern und dem heiligen Geist abspielt.

Dynamik des Gott-Mensch-Verhältnisses

Und in der Tat, hier spielt sich etwas ab. Das sind nicht vier oder fünf beziehungslos

nebeneinander stehende Gestalten, sondern da ist eine Dynamik wirksam, und zwar

eine ganz bestimmte: Es ist wie bei dem Spiel mit den Dominosteinen : Wenn die Stei-

ne richtig aufgestellt sind und der erste Stein angestoßen wird, dann setzt sich die Be-

wegung wie eine Welle fort. Darauf kann man sich verlassen. - Ähnlich ist es hier: Der

erste Stein, der angestoßen werden muss, damit das von Gott geplante Spiel voll in

Gang kommen kann, heißt: Liebe zu Jesus: „Wenn ihr mich liebt.“ Dieses Wenn steht als Bedingung vor und über allen folgenden Verheißungen. Wenn - dann. „Wenn ihr mich liebt“, dann werdet ihr die Gebote halten; dann wird der Vater euch den Beistand senden; ihr werdet ihn erkennen und er wird für immer bei euch bleiben, und dann wird der Vater euch wieder lieben. Alles klingt so folgerichtig und einfach, eben wie bei einem Kinderspiel. Wir müssen nicht einmal wissen, wie das alles geschieht; wir müssen uns nicht in beständiger Selbstbeobachtung und Selbstreflexion ergehen. Wichtig ist nur eines: dass wir Jesus lieben.

 

Der erste Stein: Liebe zu Jesus

Die Voraussetzung für das Gelingen des von Gott selbst angestoßenen Planes ist also

unsere liebende Christusbeziehung. Gewiss handelt es sich auf unserer Seite immer

um eine antwortende Liebe, denn Gott hat uns ja zuerst geliebt und seinen Sohn geschickt. Unsere Antwort ist jedoch nicht überflüssig. Fehlt sie, dann bleibt das Verhältnis Gottes zu uns einseitig; dann kann sich nichts tun zwischen ihm und uns. - Wie aber sieht das aus, Jesus lieben?

Nun, wir wissen doch, wie das ist, wenn man einen Menschen liebt; wenn man verliebt ist. So ist es auch hier: Gott lieben, Jesus lieben heißt ihm den ersten Platz in unserem alltäglichen Leben einräumen; heißt mit ihm sprechen, ihm zuhören, ihn besser kennenlernen wollen, ihn um Rat fragen, überhaupt: ihn in allem mitreden und mitbe- stimmen lassen; es heißt seine Wünsche erfüllen, sich etwas einfallen lassen, was ihm

Freude bereiten könnte, ihn mit etwas Schönem überraschen; es heißt ihm Zeit schenken - und wir wissen, was uns da alles an Ausreden einfällt; aber genau darauf käme es an: Gott Zeit zu schenken und ihm damit zu zeigen, dass er uns wichtig ist. So geht Jesus lieben; jedes Kind versteht das schon. „Wenn ihr mich liebt“, das ist nichts anderes als die Konkretisierung des Hauptgebotes, das der gläubige Jude mehrmals am Tag betet, am Türstock befestigt und sich dauernd vor Augen hält als das Wichtigste überhaupt: „Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben aus ganzem Herzen, aus ganzer Seele, mit deinem ganzen Denken und mit deiner ganzen Kraft“ (Mk 12,30).

Seit uns Gott in Jesus begegnet ist, kann keiner mehr sagen: Gott lieben - wie macht man das? - Das Erste und Wichtigste ist, dass wir als Einzelne und als Gemeinde eine Bindung an Jesus, eine ganz persönliche Beziehung zu Jesus als Person bekommen. Christ ist man durch die Beziehung zu Christus Jesus. Das ist der Startimpuls, durch den dann das ganze Heilswerk in Gang kommen kann: die Beziehung zum Vater und zum Heiligen Geist und die richtige Beziehung zur Welt.

Liebe - Gebot - Jesusförmiges Leben

Nun fällt aber auf, dass Jesus nicht sagt: „Wer mich liebt, wird viel Zeit mit mir verbringen“; noch viel weniger ist von Begeisterungsausbrüchen oder Versenkungsmethoden oder Psychotechniken die Rede. Vielmehr heißt es: „Wenn ihr mich liebt, werdet ihr meine Gebote halten.“ Dieses Wort ist so wichtig, dass es in diesem Evangelium das Erste und das Letzte ist, das wir zu hören bekommen. Das ist verständlich, denn für die späteren Generationen stellte sich ja die Frage, wie kann man Jesus lieben, wenn man ihn nicht mehr sieht? Die Antwort ist von frappierender Kürze und Klarheit: Man liebt Jesus durch das Halten seiner Gebote. Diese johanneische Verbindung von Gesetz und Liebe setzt nur das fort, was Jesus schon gesagt hat: „Nicht jeder, der zu mir ,Herr, Herr“ sagt, . .. sondern wer den Willen meines Vaters im Himmel tut.“(Mt 7,2l) Jesus lieben, das heißt eben nicht, fromme Floskeln im Mund führen, feierliche Gottesdienste mit Pauken und Trompeten feiern und angeblich zur Ehre Gottes - Umzüge mit Kreuz und Fahnen veranstalten. Wenn das Herz dabei weit weg ist von Gott (Vgl. Mk 7,6b), d.h. wenn in der Gemeinde gleichzeitig Lüge, Neid, Konkurrenzdenken, Heuchelei und Machtgier florieren. Dann sind solche „religiösen“ Veranstaltungen kein Gottesdienst, sondern eine Gotteslästerung (vgl. Am 5,21-23).

Feste feiern, einen Event inszenieren, das konnten die Heiden auch schon und besser.

Gott aber erwartet seit jeher das Tun der Gerechtigkeit: „Wie Wasser flute das Recht, die Gerechtigkeit wie ein unversieglicher Bach.“ (Am 5,24) Diese Forderung zieht sich durch alle Propheten, und Jesus steht in ihrer Tradition, wenn er sagt: „Wer mich liebt, der wird meine Gebote halten.“ - Dabei geht es aber gerade nicht um puren Gesetzesgehorsam, sondern um die liebende Beziehung zu Christus; und um sie zu bewahren, bedarf es des Hörens auf sein Wort und des Befolgens seiner Weisungen.

Nicht in frommem Feeling schwelgen, nicht jedem frommen Event nachlaufen, sondern aus Liebe an seinen Geboten festhalten, ihm sozusagen seine Wünsche von den Augen ablesen - das ist die richtige Beziehung zu Christus. - Und die Gebote, um die es hier geht, sind nicht primär die moralischen Vorschriften; die verstehen sich sowieso von selbst. Es geht darum, dass sich Jesu Grundhaltung, sein Einsatz für den Heilsplan des VATERS und für die Menschen in unserem Leben widerspiegeln soll: also zum 1. Gebot noch das „neue Gebot": „Liebt einander, wie ich euch geliebt habe“ (Joh 13,34) - und dies getan aus Liebe zu Jesus. - Jesuanisch leben aus Liebe zu Jesus - Jesus ist überzeugt, dass das funktioniert: „Wenn ihr mich liebt, werdet ihr meine Gebote halten.“ Wie war das denn bei den Jüngern? Sie haben eine Zeit mit Jesus verbracht; sie haben ihn kennen gelernt. Sie wurden begeistert von seinem Verhältnis zu Gott und seiner Art mit Menschen umzugehen. Sie haben ihn lieben gelernt und daraus kam dann der Elan und die Kraft, ihm nachzufolgen. Christus nachfolgen, das bedeutet, sich den Menschen so zuwenden, wie er sich ihnen zugewendet hat: den Leidenden, Ausgestoßenen, Gescheiterten, die an ihrem Versagen leiden; das bedeutet aber auch, die sorglosen Sünder ansprechen und sie zur Umkehr rufen. Und es heißt, den Selbstgerechten und Anmaßenden, denen jedes Unrechtsbewusstsein fehlt und die an Lebensänderung überhaupt nicht denken, den Spiegel vorhalten; - das war gefährlich für Jesus und hat ihn das Leben gekostet; das ist auch heute für Christen gefährlich. -

Der Spielgewinn: der Heilige Geist

Es ist klar: Nur wer Jesus liebt, kann die Gebote seines Lebens nachvollziehen. Dann aber, wenn er es wagt, „erschließen sich ihm eine ungeahnte Nähe Gottes, eine Sicherheit im Handeln, eine Fülle von Gedanken, ein Gefühl tiefer Geborgenheit in der Gemeinschaft der Gläubigen und in der Gemeinschaft mit Gott“.

Das Spiel läuft rund

Ein solcher Mensch erfährt das Heil. Er ist einbezogen in den Lebenskreislauf Gottes.

Das Spiel läuft rund. Der letzte Stein steht wieder am Anfang: „Wer mich liebt, der wird auch von meinem Vater geliebt werden.“ Die Liebe des Vaters zu uns, schon vor Erschaffung der Welt, war ja der Anfang von allem. -

An uns richtet sich die Frage, ob wir uns dazu entschließen wollen, dieses Spiel Gottes mitzuspielen. Alles hängt davon ab. Alles steht unter dem „Wenn“: „Wenn ihr mich liebt.“ Hier kommt das ins Spiel, was Jesus über die Welt sagt. Sie steht in totalem Gegensatz zu den Jüngern: Sie kann das Geschehen überhaupt nicht Verstehen; die Worte Jesu lassen sie kalt, sind ihr egal; sie ist in Interesselosigkeit und Phlegma gefangen. Uns aber, die Angesprochenen, hat Jesus aus dieser in sich gefangenen Welt herausgerufen. Und nun können wir nur zwei Positionen einnehmen: entweder als Jünger oder als „Weltliche“. Wir selbst entscheiden. Nur wenn wir die Liebe Gottes erwidern, wird unser Jüngersein lebendig und es kommt der Prozess in Gang, der uns heil macht. Es liegt also an uns, die entscheidenden Steine in diesem Spiel sorgfältig zu setzen und den Impuls der Liebe Gottes immer wieder aufzunehmen und weiterzugeben. Nur dann läuft das Spiel rund. Dann nehmen wir teil am dreifaltigen Leben Gottes. Dann heißen wir nicht nur Kinder Gottes, sondem dann sind wir es wirklich.

Sigrid Seiser in - „Wort-Gottes-Feiern“ Verl. Kath. Bibelwerk Stuttgart

Text zur Meditation

Wachse Jesus, wachse in mir. In meinem Geist, in meinem Herzen, in meiner Vorstellung, in meinem Sinn.

Wachse in deiner Milde, in deiner Reinheit, in deiner Demut, in deinem Eifer, deiner Liebe.

Wachse in mir mit deiner Gnade, deinem Licht und deinem Frieden.

Wachse in mir zur Verherrlichung deines Vaters, zur größeren Ehre Gottes.

Pierre Olivaint aus „Wort-Gottes-Feiern“ Verl. Kath. Bibelwerk Stuttgart

Gott, wir danken dir für deine Gegenwart. Wir bitten dich um deinen Beistand heute, in dieser Woche und alle Tage unseres Lebens. Führe uns immer tiefer ein in die Wahrheit, die du selber bist, und lass nicht zu, dass wir dir jemals unsere Liebe verweigern. Das bitten wir durch Christus unseren Bruder und Herrn.

Es segne und begleite euch der dreieinige Gott: der Vater, und der Sohn und der Heilige Geist. Amen

Eine gesegnete Zeit!

Bleiben Sie gesund!

Ihr Diakon N. Malina

 

 

 

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